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Pferdestarke Rückenschule

Das Glück der Erde, liegt auf dem Rücken der Pferde. Hat dieses Pferd jedoch keinen starken Rücken, wird das Glück nicht von langer Dauer sein.

 

 

Wir alle kennen wohl das Gefühl, mit unserem treusten Freund über die Felder zu fliegen. Hierfür hat die Natur unsere Pferde konzipiert, um über weite Steppen zu flitzen, jedoch leider nicht, um uns auf ihrem Rücken dabei zu haben. Wir alle wissen: Reittiere kennt die Natur nicht. Wie wir diese schönen Reitmomente dennoch genießen können, wir und unsere Pferde, ohne unserem lieben Wegbegleitern zu schaden, schauen wir uns hier genauer an.

 

Setzen wir uns auf ein Pferd, so lastet unser gesamtes Gewicht auf der Wirbelsäule, den Rückenmuskeln, den Bändern und Bandscheiben. Diese Strukturen werden durch das Reitergewicht nach unten gedrückt. Die Wirbelsäule hängt durch, weshalb die Bandscheiben stärker belastet werden und die Rückenmuskulatur in ihrer Bewegung behindert.

 

Auf Dauer werden die Strukturen dieser Belastung nicht standhalten können, der Rücken wird sich nach und nach absenken und die Rückenmuskulatur abbauen. Muskelschmerzen, Wirbelblockaden, Bandscheibenvorfälle bis hin zur anatomischen Veränderungen zum Senkrücken und /oder „Kissing Spines“ sind die Folge. Kissing Spines ist eine Wirbelsäulenerkrankung, bei der sich die Dornfortsätze der Wirbel berühren, also Knochen aneinander reiben, was zu starken Schmerzen, Entzündung und daraus resultierender Unreitbarkeit führen kann.

 

Wenn wir uns also guten Gewissens auf ein Pferd setzen möchten, so müssen wir gewährleisten, dass unser Gewicht nicht auf den oben genannten Strukturen lastet. Um den Reiter rückenfreundlich tragen zu können, muss das Pferd seinen Rücken anheben  und somit eine statische Spannung erzeugen, die dem Rücken eine „passive“ Tragkraft verleiht.

 

„Statische Spannung“ und „passive Tragkraft“, du merkst es schon, wir bewegen uns zum Thema Physik. Doch bevor du jetzt „Igitt“ denkst und den Artikel schließt, keine Sorge, ich werde es einfach halten, versprochen.

Ein bisschen Anatomie, ein bisschen Physik

Darf ich vorstellen, die Helden dieser Geschichte:

  • Das Nackenband: es verläuft vom Kopf über den Widerrist bis zum 14. Brustwirbel und ist mit den dort liegenden Dornfortsätzen verbunden
  • Das Rückenband: es verläuft vom 14. Brustwirbel bis zum Becken und ist mit den dortigen Dornfortsätzen der einzelnen Wirbel verbunden.
  • Und der Hauptdarsteller: M. rectus abdominis, besser bekannt als der gerade Bauchmuskel. Er verbindet das Brustbein mit dem Beckenring und ist für die Beugung der Wirbelsäule zuständig.

 

Der Thorax des Pferdes wird gerne mit einer Bogensehnenbrücke verglichen, ich möchte es gerne einmal mit dem Seiltanz versuchen. Je straffer das Drahtseil gezogen wurde, desto stärker hält es das Gewicht des Tänzers aus, ohne durchzuhängen. Für einen Rücken mit hoher Tragkraft, benötigen wir also gestraffte Strukturen in der Rückenlinie. 

 

  • Um die hintere Rückenlinie anzuheben, zieht sicher der gerade Bauchmuskel zusammen
  • und kippt somit das Becken in Richtung  Brustbein ab.

 

  • Der neue Winkel des Beckens strafft das Rückenband,
  • welches wiederum an den einzelnen Wirbeln zieht, mit denen es verbunden ist.
  • Der Rücken hebt sich.

 

  • Die vordere Rückenlinie hebt sich, indem das gestraffte Nackenband die Dornfortsätze der Wirbel nach vorne zieht
  • Die Dornfortsätze richten sich auf (-> „kissing Spines“ können auseinander gezogen werden).
  • Das Nackenband wird durch eine tiefe Kopf-Hals-Position gestrafft.
  • Durch diese Haltung wird die Brust- und Lendenwirbelsäule stabilisiert und erlangt die gewünschte Tragkraft.

 

 

 

Was bedeutet das für den Reiter?

Idealerweise tritt das Pferd beim Reiten mit aktiver Hinterhand weit unter und kippt hierfür das Becken ab, wodurch der hintere Rücken angehoben wird. Der Kopf wird auf Buggelenkshöhe getragen, der Hals ist lang, die Nase vorne umso den Tragemechanismus zu vervollständigen. Die Wirbelsäule wird entlastet, die Rückenmuskulatur kann frei schwingen, der Trab ist angenehm auszusitzen.

 

Das Pferd tritt von hinten nach vorne an das Gebiss heran, die Zügelverbindung wird nicht mittels Nachfassen des Reiters hergestellt. Es reicht nicht aus, dass das Pferd nur den Hals lang macht, oder gar über den Zügel in eine tiefe Kopfstellung gezogen wird. Hierbei verlagert sich das Gewicht auf die Vorhand, was einer aktiven Hinterhand entgegenwirkt und somit keine Tragkraft des hintern Rückenbereiches zulässt.

 

Bei einem weggedrückten Rücken, ist die Beweglichkeit des Brustkorbs stark eingeschränkt, was eine Biegung fast unmöglich macht, da sich die Wirbel hier in entgegengesetzte Richtung drehen und so eine Verriegelung der Wirbelsäule stattfindet.

 

Zu erkennen ist dies an einem schwer auszusitzendem Trab, stumpfen Grundgangarten und Steifheit in der Biegung.

 

Der Selbsttest:

 

  1. Geh in die Vierfüßler-Position.
  2. Nun lass dein Rücken normal gerade und entspannt. Lass eine Hilfsperson mit der Hand auf deinen Rücken drücken. Wie empfindest du diesen Druck?
  3. Bleib in dieser Position und lass deinen Rücken nun zum Hohlkreuz durchhängen, wie viel Druck hält dein Rücken aus?
  4. Nun kippe dein Becken ab. Ziehe hierfür dein Schambein in Richtung deines Bauchnabels, mach einen Buckel und spanne deine unteren Bauchmuskeln an. Wie fühlt sich der Druck durch die Hilfsperson nun an?
  5. Versuche nun dich zur Seite zu biegen, einmal im Hohlkreuz, einmal mit Buckel. Wie flexibel ist dein Brustkorb in diesen Positionen?

Fazit: Wenn das nächste Mal jemand zu dir sagt, dass dein Pferd ein sturer Gaul ist, weil es sich nicht richtig biegen lässt oder dir unterm Hintern weg rennt, dann glaube ihm nicht! Viele Übungen sind nur mit einer korrekten Körperhaltung des Pferdes anatomisch ausführbar. Diese Haltung muss dein Pferd erst beigebracht bekommen.

Mit diesen 5 Übungen kannst du die Bauchmuskeln und Rückenhebung unterstützen und trainieren

 1.  Biegungen

  • In einer korrekten Biegung kann das Pferd den Rücken nicht durchdrücken
  • Die seitlichen Bauchmuskeln werden trainiert
  • Fördert die Konzentration des Pferdes
  • Hier kommt es auf ruhige, bedachte Bewegungen an.
  • Die Hals-und Rumpfmuskulatur wird gedehnt
  • Prima in der Aufwärmphase

 

 2. Tempoübergange

  • Schritt- Galopp-Schritt
  • Steh-Trab-Steh
  • Rückwärts-Trab-Rückwärts

Um schnell ein hohes Tempo zu erreichen, müssen sich die Bauchmuskeln besonders anstrengen. Hierbei sollte das Tempo ca. alle 10-20m verändert werden, denn hier kommt es auf das Starten an, nicht auf den konstante halten eines Tempos.

Schöner Nebeneffekt: Das Pferd wird sensibler auf die Tempohilfen und bleibt konzentriert bei der Sache.

 3. Stangenarbeit

  • Fördert das vermehrte Untertreten
  • aktiviert die Hinterhand
  • Motiviert das Pferd, den Hals Vorwärts-Abwärts zu tragen
  • besonders gut für Pferde mit Senkrücken
  • Der Stangenabstand muss auf die Schrittlänge deines Pferdes angepasst werden

 

 

 4. Seitengänge

  • Seitliche Bauchmuskeln werden gestärkt
  • Hinterhand wird aktiviert
  • Konzentration des Pferdes wird gefördert

 

           5. Bergziege

  • Ziel: das Pferd tritt mit den Hinterbeinen weit nach vorne bis zu den Vorderbeinen und kann diese Position halten.
  • Zunächst lernt das Pferd, seine Hinterhufe auf Signal anzuheben und weiter vorn abzusetzen
  • Es dauert einige Zeit bis der Rücken in der Lage ist diese starke Dehnung aufrecht zu herhalten

Danke an unsere Models Julia & Joly! Der junge Wallach befindet sich noch in der Ausbildung und ist auf dem besten Weg, mit seiner neuen Besitzerin zu einem Dreamteam zusammen zu wachsen.